Mitte der 80er Jahre waren ärztliche Bemühungen um kooperative Berufsausübungsformen in vollem Gange. Dies war die Reaktion auf die beginnende und sich festigende Kostendämpfung im Gesundheitswesen, die auch vor den niedergelassenen und ambulant tätigen Ärzten nicht Halt machte. Der NAV-Virchow-Bund, Verband der niedergelassenen Ärzte, erstritt seinerzeit in einem Musterprozess vor dem Bundessozialgericht die grundsätzliche Zulassung der so genannten „Fachübergreifenden Gemeinschafspraxis“ und legte den Grundstein für ärztliche Kooperationen heutiger Art.

Praxisnetze schließlich etablierten sich vor rund zehn Jahren. Der Grund: Das Zweite GKV-Neuordnungsgesetz 1997 (2. NOG) hatte zum Ziel, neue Versorgungsstrukturen im ambulanten Bereich durch eine stärkere Vernetzung von niedergelassenen Ärzten – sogenannte Praxisnetze oder Arztnetze – zu fördern. Der Gesetzgeber erhoffte sich von der engeren Kooperation zwischen den Vertragsärzten Qualitätsverbesserungen und mehr Wirtschaftlichkeit in der Versorgung.

Was sind Ärztenetze?

Ärztenetze sind regionale Zusammenschlüsse von Ärzten zur Optimierung ihrer beruflichen und wirtschaftlichen Situation. Durch die gezielte und systematische Kooperation wird die Versorgung der Patienten vor Ort der demographischen Entwicklung angepasst. Daneben ist eines der Ziele die Verbesserung der Kommunikation der Ärzte untereinander sowie die Abstimmung der Angebotsstrukturen der einzelnen Leistungserbringer zum Wohle der Patienten. Einige bestehende Ärztenetze haben neben ärztlichen Partnern verschiedener Fachrichtungen auch andere Leistungserbringer (z.B. Physiotherapeuten, Apotheken, Pflegedienste) mit eingeschlossen.

Was sind die Ziele von Ärztenetzen?

Das Ziel der Zusammenarbeit ist die qualitativ bessere Versorgung der Patientinnen und Patienten. Dabei können unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden. In ein Praxisnetz dürfen auch Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehakliniken und Angehörige anderer Gesundheitsberufe einbezogen werden. Ärzte und andere Leistungserbringern können mit Krankenkassen so genannte Direktverträge abschließen: Das betrifft zum Beispiel den Bereich der Integrierten Versorgung und die hausarztzentrierte oder fachärztliche Versorgung. Die Bedeutung der Praxisnetze steigt dadurch, weil die Krankenkassen kein Interesse daran haben, mit zahlreichen Leistungserbringern einzeln zu verhandeln. Verstärkte Kooperationen von Leistungserbringern ermöglichen außerdem besser koordinierte Behandlungsabläufe und damit eine wirtschaftlichere und qualitativ bessere Versorgung der Versicherten.

Wie entwickeln sich die Ärztenetze?

Die Zahl der Ärztenetze steigt rasant an. Zählte man in 2002 bundesweit noch rund 200 Netze, in denen rund 10.000 niedergelassene Ärzte zusammengeschlossen sind, sind es heute fast 400 Netze mit schätzungsweise rund 30.000 Ärzten. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den Netzen. Einige sind inzwischen so groß und bündeln nahezu alle Ärzte einer Region, so dass diese bereits direkte Verträge mit Krankenkassen abgeschlossen haben und einen Teil der medizinischen Versorgung selbst gestalten. Andere befinden sich im Zustand von losen Verbindungen oder Vereinen. Die Richtung aber ist klar: Die Zahl der Netze und deren Grad an Professionalisierung werden weiter steigen.